Am 16. Juni 1961 hat der Regierungskommissär mit sofortiger Wirkung den Schießbefehl auf Personen angeordnet, die näher als 200 Meter von Hochspannungsmasten, Elektrizitätswerken, Staudämmen, Seilbahnen usw. angetroffen werden. Und bereits drei Tage darauf sind zwei Südtiroler Opfer des Schießbefehls geworden! Beide hatten mit den Widerstandaktionen nichts zu tun.
Am Abend des 19. Juni fuhr der in Sarnthein auf dem Moarhof arbeitende 21-jährige Knecht Josef Locher in der Holzkiste der Materialseilbahn bergwärts. Auf halbem Weg erschoss ein Soldat aus dem 2. Pionierregiment der Vittorio-Veneto-Kaserne mit sechs gezielten Schüssen den Wehrlosen in der Transportkiste. Der 17-jährige Karl Groß barg den durch einen Unterleibsschuss tödlich Verletzten in der Bergstation. (Im Bild die Beerdigung von Josef Locher; rechts Landeshauptmann Dr. Silvius Magnago.)
Wenig später wurden durch einen Soldaten derselben Einheit Schüsse auf einen weiteren unschuldigen, sich auf dem Heimweg befindlichen Südtiroler abgegeben, der wie durch ein Wunder nicht getroffen wurde.
Und noch in derselben Nacht wurde in Mals im Vinschgau der 25-jährige Hubert Sprenger nach einem Besuch im „Gasthaus Post“ von einem Militärposten vor einem Offizierswohnheim erschossen.
(Quelle Text und Bild: Otto Scrinzi, Chronik Südtirol 1959-1969, S. 208 und 204)